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Seniorenheim Neckertal sagt Foodwaste den Kampf an

BRUNNADERN: Mit einem Projekt zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung arbeitet das Seniorenheim Neckertal in Brunnadern erfolgreich für die Zukunft. In einem Jahr konnte der Foodwaste bereits um mehr als die Hälfte reduziert werden.

Conny Schläpfer, Leiterin Gastronomie im Seniorenheim Neckertal, betreut das Projekt «Foodwaste/Food Safe». Neu wird beispielsweise Salat in diesen speziellen Frischhaltegefässen auf die Wohngruppen verteilt. Bild: Urs M. Hemm

Bericht und Bilder von Urs M. Hemm

erschienen im Tagblatt vom 19. Juni 2023 >

 

In der Schweiz fallen pro Jahr und Kopf noch immer über 300 Kilogramm an Lebensmitteln an, die aus unterschiedlichen Gründen im Müll landen. «Nicht nur darüber reden, sondern etwas dagegen tun», sagten sich daher die Verantwortlichen des Seniorenheims Neckertal und riefen im Frühjahr 2022 das Projekt «Foodwaste/Food Safe» ins Leben.

 

«Lebensmittel wegwerfen zu müssen ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch ein Unsinn», sagt Heimleiter Roman Strübi. Deshalb sollte im Seniorenheim Neckertal die ganze Lebensmittelkette von der Bestellung über die Produktion bis hin zum Endverbraucher analysiert und in der Folge optimiert werden. Mit der Umsetzung des Projekts betraut wurde Gastroleiterin Conny Schläpfer, die mit gezielten Massnahmen bereits nach einem Jahr schon den Foodwaste pro Heimbewohnenden um mehr als die Hälfte reduzieren konnte.

 

Enge Zusammenarbeit mit Lieferanten

«Mir liegt das Thema Foodwaste persönlich am Herzen», sagt Conny Schläpfer. Sie sei auf einem Bauernhof aufgewachsen und wisse, was es dazu braucht, bis beispielsweise eine Erdbeere, ein Rüebli oder ein Stück Fleisch auf dem Teller des Gastes angerichtet werden kann.

 

Die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung fängt bei ihr bereits beim Einkauf an. «Die Grundlage für den Einkauf ist ein gute Menüplanung», sagt sie. Dabei lege sie grossen Wert auf die Saisonalität der Produkte wie auch auf deren Herkunft aus der nächsten Region. «Durch die guten Kontakte und die Nähe unserer Lieferanten ist es uns möglich, nach dem Grundsatz «so viel wie nötig, so wenig wie möglich», nicht auf Vorrat kaufen zu müssen. Das senkt einerseits die Lagerhaltungskosten. Andererseits garantiert das uns eine gute Übersicht, damit es nicht zur Überlagerung von Lebensmitteln kommt», sagt Conny Schläpfer. Sie versuche jedoch bei Bedarf auch den Lieferanten entgegenzukommen. «Hat zum Bespiel der Gemüselieferant von einer Gemüsesorte viel auf Lager, nehmen wir es ihm ab, verarbeiten es und binden dieses Gemüse entsprechend in unsere Menüplanung ein, damit er es am Ende nicht wegwerfen muss. So helfen wir auch ihm, seinen Foodwaste zu minimieren.»

 

Ein weiterer Teil der Analyse war die Bedarfsabklärung bei den Heimbewohnenden. Ein wichtiger Faktor sei dort, dass die Mahlzeiten nicht im Tellerservice gereicht werden. Die Speisen sind in grösseren Behältern vorbereitet, sodass der Bewohnende selbst bestimmen kann, wie viel er wann essen möchte. «Sollte es dennoch einmal zu wenig haben, kann innert kürzester Zeit aus der Zentralküche etwas nachgereicht werden», sagt Schläpfer. Angepasst wurde der Service beim Salat. Wurden zuvor Schüsseln vorbereitet, aber ein Teil des Salates nicht verzehrt, musste dieser weggeworfen werden. «Heute geben wir den Salat in speziellen Frischhaltegefässen auf die Wohngruppen. Somit wird die Kühlkette nicht mehr unterbrochen und der Salat bleibt länger frisch.»

 

Keine Mehraufwendungen spürbar

Mussten zuvor pro Gast pro Tag rund 40 Gramm Lebensmittel entsorgt werden, sind es nach der Einführung dieser Massnahmen jetzt gerade noch etwas mehr als 17 Gramm. Der Durchschnitt in Schweizer Spitälern beispielsweise liegt zwischen 80 und 120 Gramm pro Patient pro Tag. Das Projekt rechnet sich aber auch gemessen an den Kosten gemäss Vollkostenrechnung (Einkauf, Produktion, Energie und anderes mit eingerechnet): Über einen Zeitraum von 28 Tagen wurden Lebensmittel im Wert von über 2700 Franken weniger weggeworfen.

 

Im Alltag würden sich durch diese Massnahmen keine Mehraufwendungen ergeben. «Schon vorher versuchten wir bei der Produktion in der Küche Abfall möglichst zu vermeiden und brauchten beispielsweise Rüstabfälle und Knochen für die Herstellung von Saucen», sagt Conny Schläpfer. Altes Brot und nicht in der Küche verwendbare Rüstabfälle werden an die heimeigenen Geissen, Kaninchen und Hühner verfüttert.

 

Auch für die Bewohnenden des Heims habe sich grundsätzlich nichts geändert. Sie würden die Bemühungen sehr schätzen. «Viele unserer Bewohnenden sind auf dem Land aufgewachsen und wissen aus ihrer Kindheit, dass Lebensmittel nicht verschwendet werden sollten.» Aufgrund der erfolgreichen Umsetzung einer nachhaltigen Lebensmittelverwendung wurde das Seniorenheim Neckertal mit einem Zertifikat ausgezeichnet. Daher ist geplant, auch in den anderen Häusern der Stiftung Liebenau Schweiz in Oberhelfenschwil, Amriswil und Goldach eine Foodwaste-Analyse durchzuführen.